International Blog – Florian Heer
Am Halbfinalsamstag des Hamburg Ladies & Gents Cup zog Turnierdirektor Björn Kroll, zugleich Vizepräsident des Hamburger Tennis-Verbands, eine rundum positive Bilanz. Der 48-Jährige sprach im Interview über die große Zuschauerresonanz, die besondere Atmosphäre des Combined Events sowie die zunehmenden organisatorischen Herausforderungen auf der Challenger-Tour.
Zudem gab er einen Ausblick auf die Zukunft des Turniers, das im kommenden Jahr voraussichtlich nicht mehr an seinem bisherigen Standort stattfinden wird.
Tennis TourTalk: Herr Kroll, wie fällt Ihr Fazit für das diesjährige Turnier aus?
Björn Kroll: Es fällt sehr gut aus. Es war extrem voll. Die ersten Tage konnte man kaum durch unseren Eingangsbereich gehen, was toll ist. Das liegt auch sicher daran, dass viele deutsche Spieler am Start waren, nicht nur die Nachwuchsspieler, sondern auch Routiniers wie Mona Barthel oder Cedrik-Marcel Stebe. Das ist eine tolle Mischung. Natürlich ziehen Leute wie Justin Engel, unser Titelverteidiger Henri Squire oder unsere Lokalmatadorin Tessa Brockmann viele Zuschauer an, die daran interessiert sind, wie sich unsere deutsche Nachwuchsspieler gegen die internationalen Profis auf diesem Level schlagen.
In diesem Jahr fand wieder ein Combined Event statt. In der vergangenen Saison wurden das Damen ITF-Turnier und das ATP-Challenger getrennt ausgetragen. Welche Version bevorzugen Sie als Veranstalter?
Ich denke all die an diesem Turnier mitwirken finden es cooler, wenn es ein Combined Event ist, da die Stimmung besser ist und einfach mehr los ist. Ich weiß aber auch, dass das bei den Spielerinnen und Spielern nicht immer der Fall ist. Solange sie allerdings keine Einschränkungen haben, ist es für sie fein. Schließlich treten bei Grand Slam Turnieren auch Damen und Herren gemeinsam an. Wir sind allerdings ein kleines Indoor-Turnier und da muss man an der ein oder anderen Stelle auch ein paar Abstriche machen. Wir haben die Anregungen der Spieler in den vergangenen Jahren aufgenommen und versucht einige Dinge zu verbessern. Dieses Jahr bekamen wir auch keinerlei negatives Feedback.
Das Turnier findet in einer Verbandshalle statt, was auf Challenger-Ebene heutzutage eher ungewöhnlich ist. Wo sehen Sie das Turnier im Rahmen der Challenger Tour positioniert?
Ich bin selbst auf vielen Challenger-Events weltweit unterwegs und es ist tatsächlich sehr unterschiedlich. Ich war beispielsweise in Frankreich in Quimper oder Rennes, wo Lichtshows eingesetzt werden, und man das Gefühl hat, dass man bei einem ATP 500 ist. Ich war aber auch auf Challenger-Turnieren, wo man den Eindruck gewinnt, dass die Kreismeisterschaften bei uns besser organisiert gewesen sind. Aber es stimmt, es sind häufig Arenen, die angemietet werden, oder kleine Clubs. Wir haben das Turnier bei uns im Verband, was den Vorteil hat, dass wir alles in unserer eigenen Hand haben. Aber natürlich gibt es auch den Nachteil, dass wir nicht alles hier unterbringen können. So mussten wir Nebenplätze dazu mieten, um einen reibungslosen Ablauf garantieren zu können. Ich glaube, dass es kaum noch ein Combined-Turnier mit diesen Rahmenbedingungen gibt.
Die Anforderungen an die Turnierorganisationen werden von Jahr zu Jahr immer anspruchsvoller. Können Sie auf ein paar Dinge eingehen, die als besonders herausfordernd gelten?
Da müssen wir zunächst zwischen ATP und ITF trennen. Bei der ATP haben sich in den letzten Jahren die Anforderungen unglaublich entwickelt. Man bekommt im Vorfeld einen Katalog, die die kleinsten Details, wie zum Beispiel wie viel Kilo Fassungsvermögen ein Wäschesack haben muss, aufführen. Da ich selbst auch bei großen ATP und WTA-Turnieren arbeite, habe ich einen guten Vergleich und die Anforderungen ähneln sich immer mehr. Da fragt man sich schon, warum das so ist. Die Begründung lautet dann, dass die Turniere professioneller werden sollen. Dies ist durchaus verständlich, man muss jedoch auf der anderen Seite sehen, dass dies auch finanziert und organisiert werden muss. Das wird von Jahr zu Jahr schwieriger und stellt eine immer größere Herausforderung für viele Turnierdirektoren dar. Bei der ITF ist das nicht ganz so extrem. Es ist sicher mehr dazu gekommen, jedoch in einem Maß und in einer Geschwindigkeit, wo es in Ordnung ist. Bei der ATP ist die Erwartungshaltung sehr hoch, was auch dazu führt, dass viele Turnierveranstalter damit zu kämpfen haben und es vielleicht auch nicht mehr stemmen können. Außerdem sollen immer mehr Events in Asien oder Saudi-Arabien stattfinden. Ich bin gespannt, wie sich das in den nächsten Jahren entwickeln wird.
In Deutschland haben wir auf Vorschlag des DTB deutlich mehr kleinere 15K und 25K-Turniere hinzugewonnen. Leider wackeln oder brechen dafür auf höherer Ebene immer mehr Events weg. Das wäre natürlich sehr schade, da wir all diese Turniere brauchen, um eine gute Plattform für unsere Spieler bieten zu können. Dies gilt vor allem für den Winter. Dieser ist in Deutschland relativ lang und die Turnierlandschaft ist in dieser Zeit eher ausgedünnt.
Daher natürlich auch die Frage: Werden wir dieses Turnier in diesem Format im nächsten Jahr hier wiedersehen?
Sehr wahrscheinlich nicht an diesem Standort. Es ist hier einiges im Umbruch und die Halle ist sehr alt und baufällig, steht unter Denkmalschutz. Der Hamburger Tennis-Verband erörtert gerade, was noch in dieser Wintersaison gemacht werden muss. Unser Ziel ist es einen Slot im Sommer zu bekommen, um hier mit einem Combined-Event draußen spielen zu können. Es gibt verschieden Varianten, aber wir möchten gerne zwei oder drei Turniere in Hamburg bzw. Schleswig-Holstein behalten. Wir sehen uns auch weiterhin in der Lage das finanziell und mit dementsprechender Manpower zu organisieren. Wir bekommen durch die Stadt Hamburg, dem Landessportbund in Kiel, der Regionalliga Nord-Ost und dem DTB viel Unterstützung. Die Frage stellt sich lediglich nach dem Slot. Gerade auf Challenger-Ebene ist im Sommer die Nachfrage sehr groß. Wir werden uns natürlich zeitig bei der ATP darum bemühen, letztlich liegt es aber nicht in unserer Hand.
Vielen Dank für das Gespräch.


